„Es ist vollkommen unmöglich, dass ein Pelikan fliegt.“ So lautet das Fazit von Chad Berett und Sebastian Lomond. Alle nur denkbaren Szenarien haben die beiden Physik-Studenten durchgerechnet – mit dem immergleichen Ergebnis: Selbst ein kleiner Pelikan, der ei günstigsten Windverhältnissen und auf einer optimalen Anlaufbahn startet, dürfte sich niemals länger als ein paar Minuten in der Luft halten können. „Diese Vögel“, so schreiben sie, „widerlegen die Gesetze der Naturwissenschaft. Bedauerlicherweise reichen die Erkenntnisse der Physik nicht aus, um diese Tatsache zu erklären.“
Die Arbeit der beiden Jungs sorgt momentan für eine vehemente Bildungsdiskussion in den USA: Wie um alles in der Welt, so wettern aufgebrachte Professoren, kann es sein, dass zwei Erstsemester nicht einmal in der Lage sind, die Flugfähigkeit von ordinären Vögeln zu berechnen? Die Antwort lautet: Weil es in der Tat unmöglich ist. Pelikane werden mit bis zu 13 Kilo Gewicht mehr als doppelt so schwer wie Seeadler, immerhin die größten Greifvögel der nördlichen Hemisphäre. Und sie erreichen mit 170 Zentimetern auch die doppelte Körperlänge – exklusive eines Schnabels, der noch einmal knapp 50 Zentimeter misst. Ihre Flugleistung ist ein Wunder: 24 Stunden können Pelikane ohne Pause fliegen – über Strecken von 1000 Kilometern und mehr. Sie erreichen Spitzengeschwindigkeiten von fast 40 km/h – und Höhen von 3000 Metern und das alles, obwohl ihre Muskulatur ein stetes Flügelschlagen rein anatomisch gar nicht zulässt. „Um sich überhaupt in der Luft halten zu können, müssen Pelikane im Flug ihren weit zurück zwischen die Schultern biegen“, erklärt der US-Zoologe Gerald Borgers. „Ansonsten könnten sie die Last des schweren Schnabels nicht halten – Aufwinde hin oder her.“ Ihr Geheimnis – das liegt in ihrem Knochenbau: Das Skelett der Vögel macht maximal sieben Prozent ihres Gewichts aus – selbst bei großen Exemplaren sind das weniger als 500 Gramm. Ihre Knochen sind von Hohlräumen durchzogen, nur durch feine Bälkchen im Inneren stabilisiert, und unter der Haut liegen zusätzlich Luftsäcke, die das spezifische Gewicht der Tiere weiter verringern.
Ein Meisterwerk der Natur, sicherlich – und doch genügen selbst all diese Finessen nicht, um einen Pelikan wirklich fliegen zu lassen. „Die Wahrheit ist, wir wissen nicht, wie diese Vögel derartige Flugleistungen vollbringen“, sagt Borgers. Es ist genau so, wie Berette und Lomond schrieben: eigentlich unmöglich. Die Arbeit der zwei Studenten übrigens wurde mit der Note „mangelhaft“ zurückgegeben. Beide haben sich inzwischen um neue Studienplätze beworben – mit der Fachrichtung Zoologie. Manche Wunder können eben nicht analysiert werden. Sie sind mathematish nicht berechenbar. Zum Glück.