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Alpenrose Offline




Beiträge: 619

19.09.2008 10:45
RE: Kiem Pauli - der Volksliedsammler Antworten

Kiem Pauli – der Volksliedsammler

Wie kein anderer hat der Kiem Pauli (1882 bis 1960) in der ersten Hälfte des 19.Jh. die Menschen in Oberbayern auf die überlieferten Lieder aufmerksam gemacht und für die Volksliedpflege gewonnen. Er war eine schillernde und faszinierende Person, als Musikant und Sänger, Volksliedsammler und Pfleger, Erzähler und Altersweiser.

Am 25. Oktober wurde der Kiem Pauli in München geboren. Zusammen mit seinem Bruder Edi zog Pauli als Kind musizierend durch die Münchner Hinterhöfe und Wirtshäuser. Als Jugendlicher zog er auch mit seinem Freund Hans Reiter über Land und verdiente sich als Sänger und Theatermusiker sein erstes Geld.

Ludwig Thoma machte den Kiem Pauli auf das „echte Volkslied“ aufmerksam. Die Wittelsbacher gaben ihm in Wildbach Kreuth Wohnung. Kurt Huber wies ihm den Weg zum Volksliedsammeln. Von 1925 bis 1930 zog der Kiem Pauli durch das oberbayerische Alpenland von Mittenwald bis Berchtesgaden und schrieb alte bäuerliche Mundartlieder auf. Diese „Sammlung Oberbayerischer Volkslieder“, veröffentlichte er 1934. Darin waren aufgenommen Alm- und Soldatenlieder, Schnaderhüpfln, geistliche Lieder u.v.a. – eben die ganze Bandbreite des überlieferten Volksgesangs im südlichen Oberbayern.

In einem Rückblick auf seine Wanderzeit hat der Kiem Pauli wohl 1956 für das „Landwirtschaftliche Wochenblatt“ einige Erinnerungen an seine Sammelreisen und seine Gewährspersonen aufgeschrieben, zu denen er auch 1927 in die Gegend von Kematen und Au bei Bad Aibling kam:

„Ein nettes Erlebnis hatte ich in Eckertsberg bei Kematen beim Oacher. Abends, so um acht Uhr, kam ich auf seinen Hof. Wir hatten uns nicht gekannt, versanden uns aber bald so gut, dass er und seine Söhne noch um 1 Uhr an meinem Bett standen und mit mir plauderten. Ja, s’Gsangl hat a Kraft!

Au bei Aibling war meine nächste Station. Ich wanderte hinauf zum Koglerbauern, da wurde gerade Schnaps gebrannt. Die Tochter Leni, 15 Jahre alt, sang mir das Lied von der Liachtmeßzeit vor, wusste aber nur eine Strophe – und ich hatte das ganze Lied gedruckt im Rucksack, was mir aber erst bewusst wurde, als ich wieder von den Leuten weg war. Heute wird das hübsche Lenerl 44 Jahre alt und schon lange verheiratet sein!"


Im Chiemgau hatte der Kiem Pauli viele Begegnungen. Besonders interessant war wohl der Herbst 1927 in Reit im Winkl:

„Auch in Reit im Winkl traf ich viele sangesfreudige Menschen an. Am meisten Freude machte mir dort die alte Döllerer Nanni, a kloans Weibi, von dem man sagte, dass es viele Lieder könnte. Man hatte mir geschildert wie sie aussieht und nach der Kirche sprach ich sie an und hab sie gleich zu Weißwürsen eingeladen. Nachmittags brachte sie mir ein Liederbuch, handgeschrieben, Inhalt etwa 100 Lieder; Tannhäuser-Ballade, viel Unbrauchbares, aber auch Gutes. Melodien waren nicht enthalten, nur Texte. Nanni sang mir dann ein Lied vor und wenn ich sie ersuchte, es nochmals zu singen, dann sang sie zum gleichen Lied eine ganz andere Melodie. ‚J’a, sagte ich, ‚Nanni, du singst ja jetzt ganz anders’! Da antwortete sie treuherzig:’ No ja, wia’s ma halt grad ei’fallt’!“


Auch die Mutter von Maria Hellwig hat der Kiem Pauli besucht und geschätzt:
„Meine beste Quelle in Reit im Winkl war aber die Frau Maria Neumaier. Von ihr habe ich auch das Wiegenlied ‚Heija, mei Dianei tuat schlafe’, das später Helmuth Pommer dreistimmig übersetzte, bekommen. In lieber Erinnerung sind mir auch noch der Mühlberger Sepp, der Osenstätter Wastl, der Blaser Steffei und beim der Reiterbauern der Bosch Schorsch. Ein kleiner Abstecher führte mich nach Kössen/Tirol, wo ich von der Sophie Lechleitner und der Magdalena Gründler Lieder aufzeichnen konnte.“

Liebe Grüße von Edith

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